Unplug

Unplug

Ein Experiment, um die Bedeutung unserer digitalen Werkzeuge zu reflektieren.

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Konzept

In Zeiten, in denen Menschen an kleinformatigen Bildschirmen kleben und das blaue Licht von Displays als Metapher für die Sonne verstanden werden kann, stellte sich für eine Gruppe junger kalifornischer Design StudentInnen vom Art Center College of Design die Frage:

”Wie verändert sich unser Leben und unsere Arbeit, wenn wir ohne unsere vertrauten digitalen Hilfsmittel in eine vollkommen unbekannte Stadt ziehen.“

Während ihrer sechswöchigen Erkundungstour durch Berlin fanden die zwölf TeilnehmerInnen heraus, welche Auswirkungen ein “digitaler Detox” auf Wahrnehmung, Verständnis und Arbeitsweise haben kann. Dafür übten sie den strengen Verzicht auf die Nutzung von Internet, Smartphone sowie Laptop und hielten sich stattdessen an Papierkarten und öffentliche Telefone.  

 
Printing Teufelsberg Berlin Unplug
 

Hauptstadt Frottage und Letterpress

Um künstlerisch ohne digitale Hilfsmittel aktiv zu werden, mussten zu Beginn des Projektes analoge Äquivalente zu vertrauten Hilfsmitteln entdeckt werden. Dafür begannen die StudentInnen, Berlin buchstäblich vor Ort zu drucken. "Stolpersteine", Kleingartenschilder und Einschusslöcher im Brandenburger Tor – mit Hilfe der Frottage-Technik wurden unterschiedliche Berliner Orte mit Stift und Papier festgehalten. Für die StudentInnen ein neues Erlebnis, die Umgebung mit alter Technik zu beobachten und zu dokumentieren.
Um großformatige und hochauflösende Drucke ohne Computer zu produzieren, wurden im weiteren Verlauf des Projektes traditionelle Drucktechniken erforscht. In Erik Spiekermanns Letterpress-Workshop p98a lernten die StudentInnen, mit traditionellen Satz- und Drucktechniken zu experimentieren und entwickelten ein Gespür für die Auswirkung präziser Handarbeit.

 

Urban Haiku und Exhibition

Um die Früchte ihrer Handarbeit der breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, schloss das Projekt mit einer Ausstellung im Art Center Studio im Bikini Berlin. Neben der Präsentation ihrer Arbeiten fingen die StudentInnen mit der Frage “Would you unplug?” die Stimmen der Besucher ein. Die Ergebnisse der zwölfwöchigen Arbeit wurden darüber hinaus in einer Zeitung festgehalten, die am 8. November zum 25- jährigen Jubiläum des Mauerfalls erschien.

 
 

Rückkehr in die vernetzte Welt

Das verpflichtende “Abschalten” war für alle Teilnehmer zunächst schmerzhaft und verdeutlichte, wie sehr Kommunikation und Orientierung auf digitalen Hilfsmitteln beruht. Die schnelle Textnachricht an die Freunde, ein kurzer Blick auf die virtuelle Karte, das schnelle Spiel zwischendurch in der U-Bahn – fällt all das weg, entstehen Lücken. Nach einigen Wochen der “digitalen Entgiftung” entdeckten die StudentInnen die Schönheit dieser Momente, die Spontanität, die Überraschung und den Raum für persönliche Begegnungen.
Am Ende bleibt ein neues Verständnis für den Einsatz von gestalterischen Werkzeugen und die Klarheit, dass der digitale Hammer nicht zwangsläufig alle Nägel trifft.

 
 

Fakten

Projektdauer
12 Wochen

Projektteilnehmer
12 StudentInnen – Art Center College of Design, Pasadena

Durchgeführt und organisiert von:
Nik Hafermaas, Simon Johnston, Erik Spiekermann, Dirk-Mario Boltz

Fallbeispiel als PDF (Download)